Die Nürnberger Gesetze
Am 13. September 1935 befahl Hitler anläßlich des Nürnberger Parteitages, man möge ihm innerhalb von zwei Tagen den Entwurf eines „Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ vorlegen. An der Arbeit zu diesem Entwurf waren Staatssekretär Dr. Stuckart und sein Judenreferent Dr. Lösener maßgeblich beteiligt. Die Vorschläge der beiden wurden in die erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 aufgenommen.
Nach der endgültigen Fassung des Einstufungsverfahrens wurden
die 'Nichtarier' in folgende Gruppen eingeteilt:
Jude war, wer von mindestens 3 jüdischen Großeltern
(Voll- oder Dreivierteljuden) abstammte oder wer
von zwei jüdischen Großeltern (Halbjuden) abstammte
und zugleich
a) am 15. November 1935 der jüdischen Religionsgemeinschaft
angehörte oder ihr nach diesem Datum beitrat oder
b) am 15.
November 1935 mit einem Juden verheiratet war
oder
c) Abkömmling
einer nach Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutze
des deutschen Blutes und der deutschen Ehre (15.
September 1935) mit einem Dreiviertel- oder Volljuden
geschlossenen Ehe war oder
d) Abkömmling einer
außerehelichen Beziehung mit einem Dreiviertel- oder Volljuden
war und nach dem 31. Juli 1936 unehelich geboren
wurde. Für
die Bestimmung des Status der Großeltern galt weiterhin, daß ein
Großelternteil jüdisch war, wenn er (oder sie) der jüdischen
Religionsgemeinschaft angehörten.
Nicht als Jude, sondern als Person „gemischten jüdischen
Blutes“ galt, wer von zwei jüdischen Großeltern
(Halbjuden) abstammte, aber
a) am 15. September 1935 nicht (oder
nicht mehr) der jüdischen
Religion angehörte und ihr zu keinem späteren Zeitpunkt
beitrat und
b) am 15. September 1935 nicht (oder
nicht mehr) mit einem Juden verheiratet war und
zu keinem späteren
Zeitpunkt eine Ehe mit einem Juden einging (solche
Halbjuden wurden Mischlinge ersten Grades genannt) und von einem
jüdischen Großelternteil abstammte (Mischlinge
zweiten Grades).
Die Bezeichnungen 'Mischling ersten Grades' und 'Mischling zweiten Grades' waren in dem Gesetz vom 14. November 1935 noch nicht enthalten; sie wurden erst in einem späteren vom Innenministerium herausgegebenen Runderlaß eingeführt. Um die oben genannten Bestimmungen eindeutig klären zu können, war ein Abstammungsnachweis, der sogenannte 'Ariernachweis' notwendig. Quelle: 614)
Das Reichsbürgergesetz unterschied zwischen Staats- und Reichsbürger und legte fest, daß Juden nur Staatsangehörige sein können. Die einzelnen Verordnungen des „Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verbieten die 'Mischehe' zwischen Juden und Ariern (die arischen Partner der bereits bestehenden Mischehen wurden unter Druck gesetzt, sich scheiden zu lassen), sowie außereheliche Beziehungen zwischen Ariern und Juden (Rassenschande). Die Beschäftigung arischer Dienstmädchen unter 45 Jahren in jüdischen Haushalten wurde unter Strafe gestellt, ebenso das Hissen der Reichsflagge (jetzt Hakenkreuzfahne) durch Juden. Die ersten von 13 Durchführungsverordnungen des Gesetzes aberkennen den Juden das Wahlrecht und schließen sie aus öffentlichen Ämtern aus (14. November 1935). Jüdische Lehrer, Professoren und Ärzte wurden aus dem Staatsdienst entfernt (21. Dezember 1935). Die Liste der Verbote setzt sich fort. Bis 1940 werden wegen des Verstoßes gegen die „Nürnberger Gesetze“ offiziell insgesamt 2.090 Personen verurteilt, darunter einige zum Tode. Quelle: 615)