www.ghetto-theresienstadt.info - Ein Nachschlagewerk

Weissová, Helga

siehe auch =>Ausstellungen

Helga Weissová wurde am 10. November 1929 als Tochter des Bankangestellten =>Otto Weiss und der Schneiderin Irena Weissová, geb. Fuchsová, in Prag geboren.

Vier Wochen nach ihrem zwölften Geburtstag, am 10. Dezember 1941, wurde sie zusammen mit ihren Eltern in das Ghetto Theresienstadt =>deportiert. Dort verbrachte die Familie Weiss drei Jahre. Zunächste lebte Helga mit ihrer Mutter in der =>Dresdener Kaserne, dann kam sie allein in das =>Mädchenheim L 410. „Zeichne, was Du siehst“, sagte =>Otto Weiss zu seiner Tochter und so entstanden in den Jahren des Ghettos neben Tagebuchnotizen über 100 Zeichnungen, die dokumentarisch das Leben und Sterben im Ghetto Theresienstadt festhielten und die Illustration zu der im Ghetto geschriebenen Erzählung ihres Vaters: „Und Gott sah, daß es schlecht war“. Es war vor allem der Vater, der das künstlerische Talent seiner Tochter auch in Theresienstadt förderte.

Ende 1944 erfolgte die =>Deportation nach Auschwitz. Nach wenigen Tagen im Vernichtungslager Auschwitz wurde sie gemeinsam mit ihrer Mutter für das Zwangsarbeiterlager Freiberg bei Dresden selektiert. Unter unmenschlichen Bedingungen mußte sie zusammen mit Leidensgenossinnen in einer Flugzeugbaufirma arbeiten. Mitte April 1945 wurde das Lager wegen der nahenden Front geräumt. Die Insassen des Lagers wurden über Most, Pilsen, Klatowy in das =>KZ Mauthausen deportiert. Hier wurden sie von amerikanischen Truppen befreit. Am 21. Mai 1945 konnte Helga mit ihrer Mutter nach Prag zurückkehren. Der Vater wurde in Auschwitz ermordet.

Nach dem Krieg besuchte Helga Weissová ein Prager Gymnasium. Gleichzeitig besuchte sie die Grafische Schule. Beide Schulen schloß sie 1950 mit einem Examen ab. Danach studierte sie an der Akademie für Kunst-und Kunsthandwerk im Studio für Monumentalmalerei unter der Leitung von Emil Filla und Alois Fišárek.

1954 heiratete sie den Musiker Jiří Hošek. Ein Jahr später wurde ihr Sohn geboren, im Jahr 1960 ihre Tochter.

Heute lebt und arbeitet Helga Weissová-Hošková als international anerkannte Künstlerin in Prag.

Das künstlerische Schaffen

Helga Weissová-Hošková wurde in ihrer künstlerischen Arbeit sehr von ihren Kriegserlebnissen beeinflußt. Im Jahr 1958 illustrierte sie die von Arnošt Lustig geschriebenen Bücher Nacht und Hoffnung und Diamanten der Nacht.

In den frühen sechziger Jahren malte sie einen Zyklus, der ihre Erfahrungen im Ghetto Theresienstadt, im KZ Auschwitz und in anderen Lagern schilderte. Die Bilder sind fast einfarbig, in einem schroffen und kraftvollen Stil gemalt, voller Ausdrucksstärke und dramatischer Spannung.

Im Herbst 1965 konnte Helga Weissová-Hošková dank eines Stipendiums in Israel studieren. Ihr Aufenthalt dort markiert den Beginn der wahrscheinlich produktivsten Phase in ihrer künstlerischen Arbeit. Zehn Wochen verbrachte sie in der Künstlerkolonie Ein Hod in der Nähe Haifas. Sie reiste durch das Land, dessen Natur und Leben sie tief beeindruckten. Zum ersten Mal belebten die Farben der Sonne ihre Bilder. Der bis dahin schroffe Zeichenstil weicht sanften Linien und ornamentalen Kurven. Die Landschaft ist in ihren Bildern spürbar durch die plastische Struktur von Land, Felsen und Muscheln als beherrschende Elemente von Erde, Himmel und Meer.

Nach ihre Rückkehr in die Tschechoslowakei wertete sie ihre Skizzen und Erinnerungen aus und malte einen Zyklus biblischer Landschaften und figürlicher Motive, die durch das Leben der orthodoxen Juden von Mea Shearim inspiriert wurden. Im Frühjahr 1968 wurden diese Bilder im Rahmen der Ausstellung Szenen der Wanderung im Heiligen Land im Jüdischen Museum Prag ausgestellt. Eine Ausstellung in der Baruch-Galerie in Chikago folgte. Eine geplante Ausstellung in West-Berlin scheiterte an der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Warschauer-Pakt-Staaten im August 1968.

In den folgenden Jahren zog sich Helga Weissová-Hošková aus der Öffentlichkeit zurück. Sie unterrichtete an einer Kunstschule und arbeitete an Grafiken. Zwischen 1966 und 1986 entwarf sie 20 Titelseiten für das Jüdische Jahrbuch. Erst Mitte der siebziger Jahre begann sie wieder zu malen. Die Bilder dieser neuen Schaffensperiode drücken Ruhelosigkeit und Sorge aus, als ob die alten Motive in anderer, tieferer, personalisierter Form zurückkämen.

In den achtziger Jahren widmete sie sich wieder im vollem Umfang dem Malen und Zeichnen. Nach etlichen Ausstellungen in der Tschechoslowakei waren Ende 1989 ihre Zeichnungen aus Theresienstadt und zeitgenössische Grafiken Teile einer Wanderausstellung in Boston, New York, Houston und Berkeley.

Im Herbst 1991 organisierte das Jüdische Museum Prag in der Klausen-Synagoge eine große Ausstellung ihrer Werke. Im selben Jahr entwarf sie das Erinnerungsrelief für den Sammelplatz im Prager Holešovice-Viertel, von dem aus alle =>Transporte mit Juden nach Theresienstadt und in andere Konzentrationslager abgingen. Die Erinnerungstafel wurde am 16. Oktober 1991, dem 50. Jahrestag des ersten =>Transportes von Prag nach Łódź enthüllt.

Helga Weissová-Hošková entwarf den Gedenkstein für die Opfer des Theresienstädter Familienlagers in Auschwitz-Birkenau. Dieser Stein steht heute auf dem Jüdischen Friedhof in Terezín.

1993 wurde die Künstlerin in Boston, Massachusetts, USA, mit dem Ehrendoktortitel des College of Arts der Boston University ausgezeichnet.

Helga Weissová-Hoškovás Kinderzeichnungen aus dem Ghetto Theresienstadt wurden 1998 durch den Niedersächsischen Verein zur Förderung von Theresienstadt/Terezín e.V. in Buchform und als Ausstellung unter dem Titel: „Zeichne, was Du siehst“ konzipiert. Quelle: 1034)

Ausstellungen


Prag,
Greifswald, Jüdisches Museum Prag und Baruch-Galerie in Chicago,Ausstellung einer Auswahl ihrer Zeichnungen aus Theresienstadt und Zeitgenössische Grafiken in den USA, in Boston, New York, Houston und Berkeley
Klausen-Synagoge Prag, Ghettomuseum Theresienstadt/Terezín, Schwerte, Dillingen, Dresden und Freiberg, Bardovice/Tschechische Republik

Ab 1998 Ausstellung „Zeichne, was Du siehst“,
u.a. in Berlin, Bonn, Magdeburg, Göttingen,Hannover, Halle, Lensian, Liberec/Tschechische Republik Quelle: 1034)